Goethe-besuch in Neunheilingen wegen der Kunst
Eine szenische Lesung zum Sommerfest in der Sonnenkirchen-ruine räumt mit Dichtungen zum Dichterfürsten auf

Neunheilingen. Der Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe hat Gräfin Johanna Luise von Werthern sehr bewundert. Aber er kam im Jahre 1783 nicht wegen ihr nach Neunheilingen. Denn die Radierungen des holländischen Malers Allart van Everdingen hatten es Goethe angetan. Im Schloss malte er die Werke ab.

In einer szenischen Lesung haben Mitglieder des Volkstheaters in der Ruine der Sonnenkirche am Sonntag mit Unwahrheiten zum Besuch des Dichters im Ort aufgeräumt. Das Sommerfest des Fördervereins und der evangelischen Kirchengemeinde stand unter dem Motto „Goethesommer“. Im März 1783 hatte der Dichter eine Woche in Neunheilingen verbracht. Für ihn war es eine schöne Zeit. Das zeigen die Briefe, die er auf dem Schloss schrieb.
Und diese machen deutlich, dass er sein Umfeld genau beobachte. Auch sind die Briefe Beweis dafür, dass Goethe einen Tag nach Ebeleben zu Pferde reiste. Sein Besuch in Langensalza ist offenkundig nur eine Legende.
R. Schmidt, Tobias Schmidt (Goethe) Christine Schmidt (Luise v. Werthern) Maria Gißke (Friedemann v. Werthern) v.l.
 
 
Raimund Schmidt, der Vorsitzender des Sonnenkirchen-vereins und im Volkstheater der Spielleiter ist, hat die szenische Lesung geschrieben. Zugrunde gelegt hat er Goethebriefe, die erst vor einigen Jahren auftauchten. Er wolle nicht den Aufenthalt des Dichters in Neunheilingen schmälern, sagt er. Denn: „Ob die die neuen Wahrheiten Platz in der Geschichtsschreibung finden, bleibt jedem selbst berlassen“, so Schmidt. Auch Goethes Kaffeerunde mit dem Grafenpaar Johanna Luise und Jacob Friedemann von Werthern unter einem Baum im Sonderholz ist vermutlich nur eine Dichtung. Obwohl die sogenannte Kaffeelinde von damals nicht mehr steht, sondern längst ersetzt wurde, ist der Name erhalten geblieben.
 
Fakt ist allerdings, dass Johann Wolfgang von Goethe mit vielen Impulsen aus dem Ort Neunheilingen abgereist war. Das Grafenpaar findet sich wieder in „Wilhelm Meisters Lehrjahre“.
Der Bildungsroman ist vermutlich auch der Grund für die Gerüchte der vermeintlichen Liebschaft. Wilhelm Meister, der für Goethe in dem Werk steht, verliebt sich in die anmutige Gräfin.