von Mandy Schalast-Peitz, MDR KULTUR
Eine stille Dorfstraße, zwitschernde Spatzen, dann geht es hinauf zu einem kleinen Park mit hohen Bäumen und alten Sandsteinmauern: Die Sonnenkirche in Neunheilingen ist ein idyllischer Ort. Eigentlich sind es die Überreste der alten Kirche „Peter und Paul“, die vermutlich aus dem 16. Jahrhundert stammt. Heute hat die Gemeinde im Unstrut-Hainich-Kreis rund 450 Einwohner und einen Verein, der diesen besonderen Ort für eine Kulturinitiative nutzt.
„Der Name war schnell gefunden“, erzählt Raimund Schmidt vom Verein Sonnenkirche: „Das Ding ist offen, die Sonne kann reinfluten.“ Zur Vision für die Sonnenkirche gehörte zuerst auch ein neues Kirchendach mitsamt Sonnenkollektoren – doch dieser Plan scheiterte an einer Förderung in dieser Größenordnung. Der Verein ließ sich nicht entmutigen: „Die Idee Sonnenkirche haben wir dann trotzdem weiterverfolgt, als ‚offene‘ Kirche und haben überlegt, wie können wir das mit Leben ausfüllen?“
Schon Anfang der 90er-Jahre gab es die ersten Bemühungen, den Ort zu erhalten und zu nutzen – schon damals fanden hier vereinzelt Gottesdienste unter freiem Himmel statt. Der Verein Sonnenkirche macht das heute wieder möglich und hat darüber hinaus ein regelmäßiges kulturelles Angebot für die Gemeinde und die umliegenden Orte geschaffen. In der Sonnenkirche kann man beispielsweise Konzerte erleben: „von Blasmusik bis hin zu klassischer Musik mit Streicherbesetzung“, erzählt Schmidt.
Vor allem sind es die gemeinsamen Feste, mit denen der Verein in Neunheilingen die Höhepunkte im Jahr setzt, mit dem Pfingstgottesdienst, dem Sommerfest oder mit Martini – dem Martinsumzug, der mit all den Kindern und ihren Laternen in der erleuchteten Ruine besonders schön aussieht, schwärmt Schmidt. „Und dann natürlich zum Ende des Jahres ist unser Advents- und Weihnachtsmarkt gesetzt“. Hinzu kommen Gottesdienste, die bei schönem Wetter von der benachbarten Pfarrkirche spontan ins Freie verlegt werden sowie private Taufen oder Hochzeiten.
Weit mehr als nur eine Schlechtwettervariante ist der große Gemeindesaal in Neunheilingen, der dem Verein ebenfalls für Veranstaltungen zur Verfügung steht. Hier findet jedes Jahr ein gut besuchtes Neujahrskonzert statt, hier hat das Erfurter Polizeimusikorchester ein Benefizkonzert für die Kirche gegeben, hier haben schon die Kabarettisten Bernd Lutz Lange und Gunter Böhnke aus ihren Büchern gelesen.
Neben Gastauftritten kann der Verein mit seinen rund 25 Mitgliedern auch aus dem eigenen kreativen Potential schöpfen. Raimund Schmidt ist beispielsweise selbst Mitglied eines Bläser-Ensembles und einer Volkstheatergruppe im Ort. Letztere hat zum Beispiel mit einer humorvollen Theateraufführung über Goethes Aufenthalt in Neunheilingen für ein Highlight gesorgt.
Ohne die Zusammenarbeit mit anderen Vereinen im Ort ginge das alles nicht, meint Raimund Schmidt. Vor allem mit den jungen Leuten vom Pfingst- und Traditionsverein sowie dem Feuerwehrverein arbeite man eng zusammen: „Bei großen Veranstaltungen helfen die Pfingst- und Feuerwehrleute mit, machen den Ausschank und so weiter.“ Von der Bestuhlung bis zum Grill: Man tauscht sich aus und hilft sich.
Eine Gaststätte gibt es seit einiger Zeit – wie vielerorts – nicht mehr in Neunheilingen. So muss alles selbst organisiert werden, Kaffee und Kuchen, Getränke und Bratwürste. Über den Verkauf könne der Verein die Veranstaltungen selbst finanzieren, meint Schmidt. Bei Gastspielen wird zudem ein Eintrittsgeld erhoben, um die Gage der Akteure abzudecken. „Das kriegen wir alles so hin. Aber es geht ja letztlich auch immer um den Erhalt“ – die Baumaßnahmen an der Sonnenkirche bleiben extrem kostspielig.
„Bisher hatten wir immer Glück,“ meint Schmidt in Hinblick auf die Finanzierung. Neben Förderungen beispielsweise aus EU-Maßnahmen, Unterstützung durch die Kirche oder auch durch private Spenden konnten schon wichtige Sanierungsschritte durchgeführt werden, etwa an den Sandsteinmauern oder den verwitterten Steinfenstern. Gerade wird die Turmuhr aus dem Jahr 1896 von einem Spezialisten repariert – ihre Einweihung wird der feierliche Anlass des kommenden Sommerfests sein.
Wenn sich Raimund Schmidt etwas wünschen darf, dann ist es eine Überdachung für die Sonnenkirche – am liebsten flexibel einsetzbar bei zu viel Sonne oder einem Regenschauer: „Dass wir sagen können, Moment, wir machen da mit Knopfdruck was zu.“ Abgesehen davon, meint der 63-Jährige, braucht es in Zukunft noch viel Ausdauer und Hartnäcktigkeit, um die Kirche instand zu halten und mit dem Verein immer wieder etwas Neues auf die Beine zu stellen.
Aber das Gefühl nach gelungener Veranstaltung entschädige dann doch für die Mühen. Viele Gäste, auch von außerhalb des Ortes zeigten sich dankbar für das Angebot: „Manche klopfen dann auf die Schulter. Oder wenn beim nächsten Mal einfach nur ein Anruf kommt: ‚Wann macht ihr eigentlich wieder was?‘ Das ist dann immer schön.“
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