BEWERBUNG FÜR DEN ZUKUNFTSPREIS 2017 DES EVANGELISCHEN KIRCHENKREISES MÜHLHAUSEN

Bewerbung für den Zukunftspreis 2017 des Evangelischen Kirchenkreises Mühlhausen

Projekt: Neunheilinger „Luthersommer“

Initiator: Verein „Sonnenkirche e.V.“, Neunheilingen

Die Intention

Seit der Gründung im Jahr 2014 setzen sich die Mitglieder des Vereins „Sonnenkirchen e.V.“ dafür ein, die Kirchenruine „Peter und Paul“ zu erhalten. Sie eint der Herzenswunsch, die Ruine für die Nachwelt zu bewahren und das Bedürfnis, sich für „Peter und Paul“ einzusetzen, an andere Menschen weiterzugeben. Dabei bringen sie sich mit ihren unterschiedlichsten Hintergründen, Talenten und Erfahrungen ein: Unter den 30 Mitglieder im Alter von Mitte 20 bis 80 Jahren sind verschiedenste Berufsgruppen vertreten. Auch sind sie unterschiedlich stark im christlichen Glauben verwurzelt. Dadurch bringen sie verschiedenste und mitunter kontroverse Sichtweisen mit ein, was es gerade befördert, insbesondere auch Nichtchristen anzusprechen und zu erreichen .

Die Idee

Nachdem der Verein die Ruine in den vergangenen Jahren bereits mit vielfältigsten Veranstaltungen und regelmäßigen Gottesdiensten belebt hat, sollte anlässlich des 500. Reformationsjubiläums ein besonderer Höhepunkt stattfinden. Wie bei allen vorangegangenen Aktivitäten sollten damit Mitglieder der Kirchengemeinde ebenso angesprochen werden, wie Nichtchristen. Auch sollten die besonderen Traditionen und kulturellen Eigenheiten des Ortes und der Vereinsmitglieder zum Tragen kommen. So entwickelte sich die Idee, den „Luthersommer“ in der Kirchenruine zu veranstalten.

Die Umsetzung

Am 26. August waren so schließlich Gäste aus nah und fern zum „Luthersommer“ in die Ruine der Kirche „Peter und Paul“ eingeladen. Zum Auftakt um 19 Uhr hieß es zunächst: „Was Sie schon immer über Martin Luther wissen wollen, aber nie Ihren Pfaffen zu fragen wagten“. Unter diesem Motto las der bekannten Theologen und Schriftsteller Albrecht Gralle aus seinem Buch „Als Luther vom Kirschbaum fiel und in der Gegenwart landete“ vor. Weil die unkonventionelle aber durchaus hintersinnige Form der Beschäftigung mit Luthers Lebenswerk des Autors sehr gut zu den besonderen Aktivitäten der Sonnenkirchen-Mitglieder passt, hatte der Verein sich um Kontakt mit ihm bemüht. Gralle gefielen Idee und Ambiente der „Sonnenkirche“ so gut, dass er sofort zusagte.

Der Lesung schloss sich ein Luther-Quiz an. Dabei wurden die Anwesenden auf unterhaltsame Weise und mit einem Augenzwinkern in ihrem Allgemeinwissen über Luther auf die Probe gestellt. Unter anderem war Detailwissen über die Leibspeisen und -Getränke, Aussprüche und Lieder des Reformators, aber beispielsweise auch durch sein Wirken angestoßene Veränderungen im Bildungswesen gefragt. Belohnt wurden die Teilnehmenden mit etwas Glück mit kleinen Preisen, in jedem Fall aber mit viel Spaß beim Miträtseln.

Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung vom Neunheilinger Bläserquartett mit der Suite „Martin Luther zum Gedenken“ von Kurt Grahl. Anlässlich des 500. Reformationsjubiläums entstanden, näherte sich der Komponist dem großen Reformator darin zunächst musikalisch flott an, um sich dann im Barock mit ihm zu treffen und am Ende so richtig „loszujazzen“. Als Krönung und um das bis heute gepflegte musikalische Erbe vor Augen – oder besser: in die Ohren – zu bringen, folgten zum Abschluss die Choräle „Eine feste Burg ist unser Gott“ und „Aus tiefer Not schrei ich zu Dir“.

Zum Ausklang des Abends konnten sich die Gäste entspannt in ihren „Kinosesseln“ zurücklehnen. Beim DEFA Film „Luther“ von 1983, eine der überzeugendsten Verfilmung des Lebens und Wirkens von Martin Luther, kam noch mal richtig Open-Air-Feeling auf.

Am Sonntagmorgen, (27. August, 11. Sonntag nach Trinitatis) erlebte der Neunheilinger Luthersommer an gleicher Stelle mit einem gemeinsam gefeierten Gottesdienst einen weiteren Höhepunkt. Dieser war gestaltet als Mischung aus liturgisch und sprachlich älteren Formen sowie neueren Übersetzung – ganz im Sinne Luthers, der auch alte Formen neu übertrug und sie für das allgemeine Volk verständlich und zugänglich machte, aber auch an alten bewährten Traditionen festhielt.

Im Gottesdienst machte Pfarrerin Annemarie Sommer zum Thema, wie die Neunheilinger mit Engagement und Kreativität ihre Ruine in den Mittelpunkt stellten. Gut „lutherisch“ sei das; zum einen, da auf Luther zweifellos die Attribute kreativ und engagiert zutrafen. Vor allem aber auch hätten die Neunheilinger in alte Mauern neues Leben gehaucht – so wie Luther nicht schlich alles niedergerissen hätte, wie gern behauptet würde, sondern Altes bewahrte, Neues hinzunahm und ausrangierte was gemessen an der heiligen Schrift nicht hineingehörte.

Der Feier des Gottesdienstes schloss sich ein typischer Neunheilinger musikalischer Frühschoppen mit „Blechmusik & Paukenschlag“ an. Ab 12 Uhr wurde zum gemeinsamen Mittagessen Wildgulasch mit Thüringer Klößen serviert.

Auswirkungen und Erfahrungen

Rund 150 Menschen vom Kleinkind bis zum Senior, darunter viele Neunheilinger aber auch Gäste aus den umliegenden Orten, fanden sich zu einem geselligen, unterhaltsamen Beisammensein zusammen und erlebten entsprechend ihrer Vorerfahrungen und Kenntnisse ihre persönliche Begegnung mit Luther: musikalisch, unterhaltsam-bildend, wobei der Spaß nicht zu kurz kam und insbesondere das gemeinsame Auseinandersetzen mit dem Reformator und seinem Erbe jedermann (und -frau) einen Zugang ermöglichte.

Nicht nur die Bläser haben bei der Interpretation der Choräle aus der Reformationszeit entdeckt, wie schwungvoll und mitreißend die Melodien sind, auch die Gottesdienstbesucher waren beim Mitsingen hellauf begeistert.

Und wenn Mann, Frau, Kind sich ein Buch gekauft haben um mehr zu erfahren, untereinander ins Gespräch gekommen sind mit den Akteuren, das Internet bemüht haben um zu erfahren: „War das wirklich so“, dann wurde Interesse für Luther, Reformation und Geschichte geweckt. Und so sollte es auch sein.